Die BJØRNSUND ist schwimmende Geschichte im Greifswalder Museumshafen. Das Anfang des 20. Jahrhunderts als C. F. Tietgen bei Lauridsen & Jensens in Esbjerg (DK) gebaute Schiff ist ein sogenannter Haikutter. So bezeichnete man Segelkutter die zusätzlich mit einem Motor ausgestattet waren. Durch diesen technischen Fortschritt überholten diese Schiffe die bereits existierenden Fischkutter in der Nordsee.
Der Weg der BJØRNSUND nach Greifswald verlief nicht linear und war gezeichnet von mehrmaligen Besitzerwechseln und Umbauten. Im Jahr 2013 wurde die BJØRNSUND von Südschweden nach Stralsund überführt. Der Berliner Olaf Tober kaufte den Kutter um naturnahe Segeltouren in und um den Barther Bodden anzubieten. Nach einem Brand an Bord wurde die BJØRNSUND schließlich in den Greifswalder Museumshafen überführt, wo sie allumfassend restauriert und 2016 in den Verein des Museumshafens aufgenommen wurde.
In einem Interview hat Sebastian Hentschel, Leiter dieser spannenden Unternehmung, dem Team des Nordischen Klangs ein paar Fragen beantwortet.

Du hast an der Universität Greifswald Skandinavistik studiert. Wie hast Du den Nordischen Klang als Student wahrgenommen und erlebt?
Ich bin von 2001-2006 an der Uni eingeschrieben gewesen und habe damals einen der ersten Bachelor-Studiengänge belegt.
Nebenbei habe ich in jeder freien Minute auf der Museumswerft an meinem ersten Schiff gebaut (PEREGRINE, Dschunke 37´). Dem muss auch der Nordische Klang zum Opfer gefallen sein. Ich bin sicher mal auf einem Konzert gewesen … habe im Anschluss aber genauso wahrscheinlich noch weitergebaut.
Was verbindest du heute mit dem Nordischen Klang?
Leider viel zu wenig. Als Segelmacher ist um die typische Klang-Zeit Hochsaison, da bleibt wenig Luft für Kultur.
Ich freue mich stets über das Line-up und kenne meistens den Haupt-act aus meiner Zeit in Norwegen oder durch die vielfältigen Kontakte, die wir in den skandinavischen Raum haben.
Du und Dein Team wollten sich dieses Jahr mit einem Programmpunkt mit einbringen. Ihr habt einen ziemlich coolen Haikutter in Restauration. Wie hat die BJØRNSUND ihren Weg zu Euch gefunden?
BJØRNSUND hat schon ein paar Jahre in Greifswald gelegen, ohne dass ich ihre Linien oder auch nur die pure Anwesenheit wirklich gecheckt habe. Sie war halt ein Schiff unter vielen und ich hatte den Kopf mit anderen Dingen voll. Irgendwann gab es dann diesen Zoom-Moment. Ich träumte schon längere Zeit von einem größeren, gut segelnden Schiff mit Bezug zu Fischerei, groß und seetüchtig genug für die sieben Weltmeere … und hier war sie! Ein paar Monate später ergab sich, dass der damalige Eigner Ole einen Nachfolger für dieses Projekt gesucht hat. Ich war verrückt genug, ja zu sagen.
Was macht für Dich den Reiz an der Restauration aus?
Eigentlich ist es ein Fluch. Man hat ja ein Schiff, um zu segeln. Leider sind viele alte Schiffe entweder unbezahlbar gut kaputt-restauriert oder grottig-schlecht noch so eben schwimmend.
BJØRNSUND erschien mir irgendwas dazwischen zu sein, zählte dann aber doch in letztere Kategorie. Wenn man ein solches Projekt beginnt, redet man sich trotz einiger Erfahrung eine ganze Menge schön … sonst würde man gar nicht erst anfangen. Letztlich machen wir ungeförderten Denkmalschutz auf dem Wasser. Wir erhalten ein 90 Jahre altes Schiff, das bereits vor dem Krieg in der Nordsee Tag aus, Tag ein den Stürmen getrotzt hat und vielen Menschen eine Lebensgrundlage bot. BJØRNSUND ist die ältere Schwester der bekannten DAGMAR AAEN von Polarforscher Arved Fuchs. Haikutter sind total stabil gebaute Schiffe, denen man sich bedingungslos anvertrauen kann … und die zu erhalten in der heutigem Zeit fast einem Lebenswerk nahekommt.
Wie weit ist die Restauration vorangeschritten?
Die Restaurierung haben wir im Spätsommer 2018 auf der Museumswerft begonnen – ein idealer Ort mit Maschinenpark, Sachverstand & dreibeinigem Werftkater. Seit dem Baustart ist viel passiert. Wir haben unter Leitung von Takel-Ingenieur & Bauleiter Jan viele Spanten, einen Großteil der Beplankung, das komplette Heck nebst Achtersteven, das Kielschwein und so ziemlich jeden Nagel und Bolzen getauscht. Im März wurden 500 m Plankennaht aufwendig neu kalfatert und verpickt (mit Pech und Kit gedichtet). Jetzt ist der Rumpf nicht völlig neu, aber doch in großen Teilen so gut wie beim Stapellauf 1929. Aktuell legen wir eine Baupause ein, die C-Krise fordert auch bei uns ihren Tribut. Im Winter soll es dann mit dem Deck und den Aufbauten weitergehen.

Für die BJØRNSUND habt Ihr ein großes Ziel vor Augen. Was genau habt ihr Euch vorgestellt?
BJØRNSUND wird eine segelnde Werkstatt mit Nähmaschinen an Bord. Ich konnte vor einiger Zeit eine der Reparatur-Nähmaschinen der SEDOV erstehen – diese wird einen wichtigen Platz im Schiff bekommen.
Früher wurden auf den langen Schiffsreisen viele Segel an Bord gebaut – diese Tradition wollen wir weiterführen und eine Ausbildungsplattform für unser schönes altes Handwerk sein. Und wir wollen natürlich segeln – möglichst schnell und möglichst weit.

An dieser Stelle noch ein herzlicher Dank an Sebastian Hentschel für das nette Interview und alles Gute für das Projekt! Wenn Sie sich für das Projekt interessieren, können Sie sich gern auf der Website bjornsund.de auf dem Laufenden halten.
Text: Solveig Ziemer