Interview mit Ida Hvid

Letztes Jahr sollte sie eigentlich mit dem Alvin Queen Trio beim Nordischen Klang auftreten, was aufgrund bekannter Umstände leider ausfallen musste. Stattdessen kommt Ida Hvid dieses Jahr als Mitglied des Trios Blonde Bass und wird ihr Publikum mit mutigem, weiblichem Jazz begeistern. Davor hat sie uns noch ein paar neugierige Fragen beantwortet:

Seit wann spielst du Kontrabass und was findest du so toll daran?

Ich habe erst mit 20 Jahren angefangen, Kontrabass zu spielen, aber das Instrument hat mich schon immer fasziniert – der große schöne Holzkasten mit den tiefen Schwingungen.

Spielt jemand in deiner Familie ein Instrument oder musiziert?

Meine Mutter spielt Klavier, aber nur auf Amateurniveau.

Wie kam es, dass du Jazz spielst? Hast du auch Erfahrung mit anderen Musikrichtungen? Kannst du E-Bass spielen?

Ich habe nie wirklich E-Bass gespielt, aber als Kind spielte ich Klavier und da habe ich auch angefangen, Jazz zu hören und zu spielen. Auf dem Kontrabass zu musizieren war für mich ein alter Kindheitstraum. Als ich ganz unerwartet die Möglichkeit hatte, mir einen Bass auszuleihen, konnte ich auch Stunden nehmen. In meinen Zwanzigern wurde ich in eine Musikschul-Big-Band aufgenommen. Und so kam es schnell, dass ich auch in anderen Jazzkontexten spielte.

Du bist ein Teil der Sisters of Jazz. Was steckt hinter dieser Gruppe?


Sisters of Jazz ist eine Hommage an Komponistinnen in der Geschichte des Jazz. Viele der Frauen, die im Laufe der Zeit einen Einfluss auf die Jazzgeschichte hatten, haben nicht die Anerkennung erhalten, die sie unserer Meinung nach haben sollten. Wenn man in die Geschichte des Jazz eintaucht, gibt es viele Geschichten über Komponistinnen, die tatsächlich eine wirklich große Rolle spielten, aber aufgrund von Geschlecht und/oder Rasse als Minderheiten lebten und beispielsweise unter einem Pseudonym schreiben mussten. Das Konzert ist eine wunderschöne Serie von Porträts dieser Frauen und ihrer Musik.

Letztes Jahr auf dem Jazzfestival in Ystad sagte Anna Pauline Andersson, dass du ihr Motor seist, nicht aufzugeben. Bist du sehr ehrgeizig, wenn es um deine Arbeit geht?

Ich denke, es ist sehr wichtig zu erzählen, dass es in der Geschichte des Jazz eine unglaubliche Anzahl bedeutender und stilschaffender Frauen gegeben hat. Dass es Frauen gab, die damals alle Konventionen übersprangen und für die Musik kämpften. Man hört viel zu selten von diesen historischen und faszinierenden Schicksalen in der heutigen Debatte über Frauen in der Musikindustrie.

Siehst du einen Unterschied zwischen dem dänischen und dem schwedischen Jazzpublikum?

In Schweden gibt es eine viel stärkere Tradition der Volksmusikkultur als in Dänemark, und in Schweden ist es schon früh gelungen, eine Synthese zwischen dem eigenen kulturellen Erbe und dem amerikanischen Jazz zu schaffen. Ich habe oft das Gefühl, dass man das merken kann. Es ist ein sehr aufmerksam zuhörendes und engagiertes Publikum.

Denkst du, dass das Jazzpublikum immer mehr altert oder dass es (trotzdem) noch ein junges Publikum gibt?

Glücklicherweise gilt der Jazz bei einem jüngeren Publikum mittlerweile als hip!

Kannst du von einem deiner besten Momente auf der Bühne erzählen?

Einige der besten Momente auf der Bühne hatte ich mit meinen Lehrmeistern. In der Musik kann man oft am stärksten kommunizieren und auf der Bühne lernt man am meisten – durch das Spielen mit guten Musikern, die durch die Musik beispielsweise einen authentischen Beat, eine Magie oder eine starke Präsenz liefern.

Hast du Lampenfieber? Wenn ja, was machst du dagegen?

Ich hatte viele Jahre lang starkes Lampenfieber und es ist schrecklich, weil es dich aus der Musik und dem Moment herausholt. Ich nutze Präsenz und Erdung, um zur Ruhe zu kommen und in der Musik zu bleiben.

Wie sieht ein gewöhnlicher Arbeitstag von dir aus?

An einem normalen Tag übe ich vormittags, habe eine Probe oder eine Session am Nachmittag und mache abends typische Büroarbeiten.

Wo und wann hast du Kristin Korb und Helle Marstrand zum ersten Mal getroffen?

Kristin und Helle fragten mich, ob ich einem Bass-Trio beitreten wollte – aber dann wurde mir klar, dass die beiden singende Bassistinnen waren und dass sie sich vorstellten, im Trio zu singen! Also musste ich viel üben, um gleichzeitig zu singen und Bass zu spielen!

Was ist das Besondere an Blonde Bass und was gefällt dir an eurer Zusammenarbeit am besten?

Blonde Bass ist das einzige Bass-Trio der Welt, das auch singt. Unsere Stimmen klingen richtig gut zusammen und es ist sehr stark und besonders dann, wenn der helle dreistimmige Gesang über den tiefen Frequenzen in den Bässen liegt.

Wo und wie findet ihr Inspiration für neue Melodien und Texte?

Wir arbeiten mit allen Genres und Stilarten, und das eine inspiriert das andere. Textlich haben wir viele Jazzstandards und Folk-Material dabei, aber auch einige Originalkompositionen.

Was für Musik hörst du privat? Welches ist dein aktuelles Lieblingslied von einem anderen Künstler?

Ich höre meistens Jazz, manchmal auch andere Genres – und ein Lieblingslied ist schwer zu nennen.

Was würdest du machen, wenn du keine Musikerin wärst?

Wenn ich keine Musikerin wäre, wäre ich wahrscheinlich eine Köchin, Gärtnerin oder Bäuerin.

Welche positiven und negativen Konsequenzen hast du durch die Coronakrise erlebt? Verbringst du mehr Zeit zuhause und arbeitest an neuen Ideen und Projekten, oder vermisst du die Bühne und zu reisen?

Es war schwierig, dass so viele Dinge, für die man gearbeitet hat, abgesagt wurden, und es war nicht einfach, Frieden zu finden, um an neuen Projekten zu arbeiten, da so viel Unsicherheit darüber bestand, wie lange und wie. Trotzdem kann ich fühlen, wie eine Art Ruhe und Konzentration eingetreten ist, die mich in eine tiefere und inspirierende Ebene gebracht hat.

Wie ist die aktuelle Lage für Musikschaffende in Dänemark?

Die Unterstützung für die Musikschaffenden ist in Dänemark sehr verzögert, daher müssen sie jetzt von ihren Ersparnissen leben.

Was ist dein großes Ziel für die Zeit nach Corona?

Mein Ziel ist es, die Ruhe und den Glauben daran zu bewahren, dass die Kultur auf jeden Fall wichtig bleibt.

Worauf freust du dich in Greifswald? Was erwartest du?

Ich freue mich sehr darauf, wieder nach Greifswald zu kommen. Ich erinnere mich an eine sehr schöne und herzliche Erfahrung, als ich das letzte Mal mit Birgitte Soojin gespielt habe.

Ein musikalischer Videogruß von Ida Hvid zum Nordischen Klang 2020

(Das Interview führte und übersetzte Nina Babuliack)