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Zugabe und Freudentränen statt Heimweh. Haldis Auslandsdebut war ein voller Erfolg

Haldis erstes Konzert in Deutschland und damit erstmalig außerhalb von Estland brachte einen vollen Erfolg für die junge, estnische Musikerin und ihre Band. Am 4.5.2024 trat sie in der Straze in Greifswald auf. Der Saal füllte sich mit jungen und älteren Interessierten. Alle waren gespannt und voller Vorfreude auf einen Abend mit neuen musikalischen Talenten und sollten nicht enttäuscht werden. Haldi begeisterte bereits mit einer warmen und herzlichen Ausstrahlung als sie die Bühne betrat. Gemeinsam mit drei Instrumentalisten bildet sie eine harmonische Band. So erschien auch der erste Song sowohl ruhig als auch ein wenig emotional, denn wie Haldi anschließend in englischer Sprache bekannt gab, ist es ihr erstes Konzert außerhalb von Estland. Ein bewegender Moment für die Sängerin und so fließen auch ein paar Tränen. Ihre Musik präsentiert einem breiten Publikum die Schönheit der estnischen Sprache. Mit einer kräftigen Stimme performt sie die nächsten Songs und interagiert währenddessen gut gelaunt mit ihren Bandmitgliedern. Ihre Stimme wechselt zwischen hohen und tiefen Tönen. Begleitet wird sie von Mattias Tirmaste am Bass, Oliver Kaljula am Keyboard und Siim Sõmer an der Flöte. All das fügt sich zu einem einmaligen akustischen Erlebnis zusammen. Alle im Publikum genießen sichtlich jedes Lied. Als Haldi schließlich zum Tanzen auffordert, zeigen sich alle Anwesenden begeistert. Nach ihrem vermeintlich letzten Song gibt es sogar noch zwei weitere Zugaben, da die Künstlerin die Herzen der Festivalgäste verzaubert hat. Am Ende stellten sich viele Menschen die Frage, wer genau hinter Haldi steckt, denn ihr feenhaftes Auftreten gepaart mit feinfühliger, sowie melancholischer Musik faszinierte das Publikum.

Wer steckt hinter Haldi?

Haldi ist eine aufstrebende Sängerin aus Estland. Sie ist hauptsächlich durch ihre Arbeit mit der Band Haldi ans Flamingo bekannt geworden. Die Sängerin bewahrt ältere Musik aus den 60er und 70er Jahren davor, in Vergessenheit zu geraten. So schafft sie es, aus einer breiten Masse der Popmusik herauszustechen, denn Haldi fokussiert sich stattdessen auf Jazz, Bossa, Funk, Soul und Disco. Ihre aktuellste Single Meile Kahele ist sehr lebhaft und lädt zum Tanzen ein.

Schon mit 16 Jahren veröffentlichte sie ihr Debutalbum Raba, was so viel bedeutet wie Moor. Dabei arbeitete sie mit den Musikern Vaiko Eplik und Jakob Juhkam zusammen. Der Titelsong ihres Debuts wurde im Jahr 2019 auf dem Estnischen Liederfest aufgeführt. Im Sommer des Jahres 2021 veröffentlichte sie schließlich ihr zweites Album. Es heißt Taevalaed und bedeutet Himmelszelt. Dabei brachte sie die Debutsingle Suudlus (Kuss) heraus mit ihrer eignen estnischen Version des Liedes Só um beijo, das die portugiesische Singer/Songwriterin Luísa Sobral geschrieben und zusammen mit ihrem Bruder Salvador Sobral eingespielt hat. Salvador hatte bereits 2017 ebenfalls mit einem Lied seiner Schwester den Eurovision Song Contest gewonnen. Er gilt als einer der besten Jazzsänger Europas. Als er 2021 in Estland tourte, schenkte Haldi ihm ihre Aufnahme. Auf der Stelle lud er die Sängerin zu einem gemeinsamen Auftritt in Tallinn ein, bei dem beide das Lied sowohl auf Estnisch als auch auf Portugiesisch performten. Eine deutsche Übersetzung des Refrains von Suudlus lautet:

Ein Kuss ist das, was dich hält,

Ein Kuss ist das, was dich führt.

Ein Kuss ist das, was dich findet,

Ein Kuss ist das, was dich trägt.

Der Song handelt von Liebe und wirkt beruhigend und behaglich fließend. Er bringt sowohl Freude als auch Melancholie zusammen. Dieses musikalische Phänomen lässt sich ebenso bei anderen Stücken finden, die Haldi singt. Wie zum Beispiel das französische Lied Elise et moi von Pierre Groscolas (1976), das die Popsängerin Marju Kuut auf Estnisch eingespielt hatte.

Haldi hat ein großes Interesse an estnischen Popstars der 60er bis 80er Jahre wie Marju Kuut, Els Himma und Velly Joonas. Deshalb sang sie auch beim Nordischen Klang das Stück Elize. Es ist schneller und etwas stürmischer als die meisten anderen Songs im Konzert. Es scheint eine frische und junge Verliebtheit widerzuspiegeln. Und auch dabei lässt sich Freude und Melancholie erneut vereint vorfinden. Marju Kuut war eine sehr erfolgreiche Sängerin in der Sowjetunion. Sie wurde am 12. Februar 1946 in Tallinn geboren.

Des Weiteren performte Haldi Stücke wie Romaria von Elis Regina aus dem Jahr 1977. Elis Regina war eine brasilianische Sängerin. Sie wurde im Jahr 1945 in Porto Alegre geboren. Das Lied Romaria stellt eine tiefe Verankerung in die brasilianische Kultur dar und scheint auch eine persönliche Lebensgeschichte zu erzählen, die von tragischen Familienumständen geprägt ist. Allgemein macht sich beim Anblick des Textes eine Hoffnungslosigkeit breit. Dennoch schwingt melodisch betrachtet Hoffnung mit. Somit sind auch dabei erneut Freude und Melancholie vereint. Elis Regina trug passend zum brasilianischen Temperament den Spitznamen Furação (Wirbelsturm). Schon in jungen Jahren verdiente Elis bereits sehr viel Geld, da sie überaus talentiert war.

Haldi schätzt den alten Charme der Lieder und bringt ihn mit estnischer Moderne in Einklang. Ein Grund von vielen, weshalb sie es schaffte, Jung und Alt beim Nordischen Klang zu begeistern. Voller Geschmack wählt Haldi Lieder aus früheren Jahrzehnten der internationalen Popmusikt. Ebenfalls sang Haldi von Marju Kuut Só Danço Samba, eine Übersetzumg der Einspielung von João Gilberto aus dem Jahr 1972 oder auch von Elis Regina und Adoniran Barbosa – Tiro ao álvaro. Letzteres performte sie als eine weitere Zugabe. Dabei spielte Haldi auf der Gitarre und sang auf Portugiesisch. Die estnische Sängerin ist ein wahres Multitalent. Sie besitzt ein tolles Ausdrucksregister. In den nächsten Jahren wird sie mit ihrer Musik immer mehr Menschen in den Bann ziehen und begeistern.

Text und Bilder: Sophie Marie Schöne

Titelbild: Marie Westfeld